Donnerstag, 5. November 2015

Büchertagebuch

Nachdem ich im letzten Büchertagebuch ja von meinen aktuellen Lieblingsbüchern geschwärmt habe, kommt heute sozusagen die Alltagskost nach dem Feiertag - dreimal Grundsolides und einmal... aber lest selbst:

Auf das neue Buch von Barbara Vine hatte ich mich ganz besonders gefreut, weil es ja ihr letztes ist (im Mai ist sie leider gestorben). "Kindes Kind" ist wie immer glänzend geschrieben und ein Genuss zum Lesen, allerdings hat mir die typische Schlusspointe gefehlt. Ich mag nämlich besonders an Barbara Vine, dass sie ihren Geschichten immer zuallerletzt noch so einen Dreh verpasst, der mich schlucken lässt und die Bücher so außergewöhnlich macht. Hier endet die Geschichte einfach und ich frage mich, warum ihr die Handlung so erzählenswert erschienen sein mag... Also lest lieber "Königliche Krankheit" oder "Der schwarze Falter" oder "Schwefelhochzeit" oder eins der älteren Bücher, die Diogenes jetzt wohl so nach und nach wieder neu auflegt.

   

 
Dann habe ich mit "Zwei Schwestern" von Dorothy Baker weiter gemacht, einer Wiederentdeckung aus den 60er Jahren. Das ist wieder mal so ein Buch, in dem eigentlich nichts passiert, das aber in einer ganz sorgfältigen und präzisen Sprache geschrieben ist. Die Zwillingsschwestern Cassandra und Judith haben sich auseinander gelebt - zum Kummer von Cassandra und zur Zufriedenheit von Judith, die sich verliebt hat und nun heiraten will. Cassandra reist mit dem festen Willen an, die Hochzeit zu verhindern und das symbiotische Leben mit ihrer Schwester wieder aufzunehmen, und schreckt dabei vor fast nichts zurück. Die Geschichte hätte an sich ein bisschen kürzer sein können, aber es sind einige kluge Gedankengänge enthalten, die das Buch doch sehr lesenswert machen.

Jetzt kommen wir zu den Krimis: "Der Eismann" von Silja Ukena ist ganz spannend und gut zu lesen, beachtlich für ein Debüt! Wer Elisabeth Herrmann und Nele Neuhaus mag und gern Krimis liest, die im heutigen Berlin in rätselhaften Fällen auf die Vergangenheit verweisen, ist hier gut aufgehoben. Auch wenn der Kommissar Bruno Kahn für meinen Geschmack ein bisschen zu intensiv die "Einsamer Wolf"-Karte ausspielt. Wenn ihr es selbst lesen wollt, wartet auf das Taschenbuch, aber es ist auf jeden Fall auch ein gutes Geschenk für Krimifans und soll in weiteren Bänden fortgesetzt werden.

     


Und jetzt kommt Henry: Henry Hayden ist so ein richtiges Schätzchen. So einer wie Tom Ripley, berühmt und reich, Frauenliebling, Lebemann, und so was von einem Schlitzohr. Aktuell ist seine Geliebte von ihm schwanger, was so gar nicht in seine Pläne passt... aber Henry ist ja spontan und macht einfach neue Pläne. Und dann noch mal neue Pläne. Blöderweise kann ich nicht mehr erzählen, ohne gleich einen Spoiler zu landen, aber das müsst ihr einfach selbst lesen. Sascha Arango schreibt sonst Drehbücher und hat ein tolles Gespür fürs Timing und für seine Personen, was für ein Lesespaß! Wer kommt denn auf einen Namen wie Honor Eisendraht für den Vorzimmerdrachen? Ich glaube übrigens, dass "Die Wahrheit und andere Lügen" bei Männern besser ankommt als bei Frauen, aber wer weiß. Das ist jedenfalls eins der wenigen Bücher, über die ich in einem Lesekreis gerne mal diskutieren würde, wie das jetzt eigentlich genau war mit Betty und Obradin und Henrys Mutter...

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